Donnerstag, 19. Juni 2014

Wein! Sonst wein ich.

Nach erstaunlich wenig Gerangel in Küche und Bad gehts am nächsten Morgen pünktlich los.

Da der Herbst Einzug gehalten hat und die Traubenernte vorbei ist, gilt es jede Art von Nacharbeiten zu erledigen. Für den ersten Tag heißt das die einzelnen ´Arme´ der Weinreben um den vorgespannten Draht zu wickeln, damit dort in der nächsten Saison neue Trauben wachsen können. Ahhh ja, solange mir das einer zeigt, kein Problem.

Felix erklärt uns, dass wir heute bereits beschnittene Weinreben vorfinden werden und pro Pflanze 0,90 $ verdienen, was recht viel ist, denn laut seiner Aussage, braucht man pro Pflanze knapp 2 Minuten.

8:00 Uhr folgen wir und sechs andere Neuankömmlinge des Hauses einem asiatischen Australier auf ein Weinfeld (aha! wir arbeiten also nicht für Felix, sondern er vermittelt hier nur vor Ort. Wenn man Dinge selbst rausfinden kann, bleibts wenigstens immer spannend!) 

Auf dem Weg halten wir am China Shop um für 37$! pro Person Gartenscheren zu kaufen, denn die Reben sind zwar beschnitten, aber es werden immer 2-3 Arme mehr am Rebstock gelassen (für den Fall, dass uns einer abbricht beim wickeln) Wenn nicht, muss der Überschuss entfernt werden.

Kaum angekommen erklärt uns der Farmer vor Ort (mal sehen, wieviele Arbeitsvermittler bis zur Bezahlung noch kommen), dass es nicht 0,90$ sondern 0,80$ pro Pflanze zu verdienen gibt und die sehen so aus!



Nachdem wir mit ihnen fertig sind, sollen sie aber so aussehen


















Tun sie auch, allerdings schafft man selbst mit Übung nicht mehr als 6 Pflanzen in einer Stunde und wir kommen nach 8h Arbeit auf einen Stundenlohn von 3,60$! Und da sind wir schon schnell, sechs der acht anderen Mit-Leid-Geplagten kommen nur auf 2$ die Stunde. Es sei nochmal erwähnt, dass der Mindestlohn bei über 16$ / h liegt....

Mehr als frustriert und mit den tollsten Ausreden der Farmer und Felix gehts abends ´nach Hause´, ohne Arbeit am nächsten Tag denn es soll regnen, da arbeitet hier angeblich keiner.

Sitzen 2 Kanadier, 2 Schotten, 2 Engläner und 2 Deutsche völlig demotiviert auf einer Terasse und beobachten, wie eine Ratte versucht aus der Mülltonne ins Haus zu springen...

Mit diesem Anblick und bei Wein und Bier fasse ich für alle den Tag zusammen

-morgens eine tote Kakerlake im Bett beim Aufwachen
-eiskalte Dusche genommen, denn der Warmwassertank reicht nur für 4 Personen
-sämtliche Zimmer des Hauses benötigen eine Reinigungsaktion
-ein Tag Arbeit voller Beschiss für Sklavenlohn
und beim Bezug unseres Zimmers ist das Bett zusammen gebrochen

Als ich noch einwerfe, dass wir mit knapp 28$ Tageslohn noch nicht mal diese scheiß Gartenscheren erwirtschaftet haben, müssen wir alle laut loslachen und beschließen am nächsten Tag eine alternative Arbeitsstelle zu finden. Wir sind also die neuen Mexikaner in Robinvale! Oder Spargelpolen?!

Mit Mikes letzten Worten aus Melbourne im Ohr schlafe ich in unserem 8´C kalten Zimmer ein

"Schlimmer als auf der letzten Farm kann es doch nicht mehr werden"

welcome to the middle of nowhere

Nun denn auf zum nächsten Abenteuer... Gemüse ernten kam aber nach der ersten schmerzenden Erfahrung für mich nicht mehr in Frage! Was gibt’s noch in Australien? Wein!

Zwei Monate arbeiten auf den riesigen Weinfeldern Australiens soll uns das restliche Kleingeld einbringen, damit wir bis November komplett reisen können, schließlich fehlt uns noch der ganze Westen und Norden Australiens, um die Rundreise komplett zu machen. Trevor wurde nochmal zum Wellnesstag (Ölwechsel, Zündkerzen wechseln usw) geschickt und los gings.

Ein Farmer war über die entsprechenden Seiten schnell gefunden, der uns den entsprechenden Verdienst und Arbeitstage in Aussicht stellte
(Mindestlohn für Farmarbeit liegt bei - in der Praxis irrealen - 16,37$)

Ja gut dann ab nach ´Robinvale´ ca 700 km direkt ins Landesinnere und an Australiens wasserreichsten Fluss - den Murray River
.


Auf dem Weg reiht sich eine Pferderanch an die nächste riesige Wiese, mal ein! Baum oder nie enden wollende Seen bei feinstem Wetter.

Irgendwann tauchen in steigender Quantität diverse Warnhinweise auf

Schnäppchen
























Wenn man das Robinvale Gebiet betritt, darf man also keinerlei Obst mit sich führen - Fruchtfliegen sind hier eine Plage. Kein Wunder, folgt nun langsam ein Weinfeld dem anderen.
Bloss gut das wir uns am letzten Melbournetag auf den Victoria Marktes schön mit Obst eingedeckt haben, aber laut Mike ist ja zum Sonntag keine Polizei unterwegs... Exakt 2,5 Minuten später werden wir angehalten.

Alkoholkontrolle! Zum Glück interssiert sich keiner für unsere Vitamine im Auto und die nette ´google maps´ Navigationsstimme flötet erneut ´bitte folgen Sie dem Strassenverlauf für 250km geradeaus´... Passiert mir in Deutschland wahrscheinlich nie.

Robinvale - irgendwo im nirgendwo
400! Einwohner
1 Tankstelle
1 überteuerter Supermarkt
1 China Shop, wo es ALLES gibt
1 Pub
1 Bank
1 Post Office
1 Golfclub (gibt zwar sonst nicht viel, aber ein Golfclub muss überall in Australien sein)

Nach fünf Minuten ist ´die Stadt´erkundet...
Unser Farmer Felix zeigt uns den Weg zum neuen Sharehouse. Ein einsames, adressloses doppelstöckiges Haus, mitten auf einem riesigen Feld. Sieht doch gar nicht so schlecht aus...



Leider nur von außen.

Im Inneren finden wir mal wieder Schmutz und Chaos in allen Varianten. 16 Leute wohnen hier, aufgeteilt auf vier Zimmer.

Am nächsten Morgen ziehen erst 8 Mann aus, also lande ich auf dem Boden eines 6 Mann Zimmers. Keine zwei Minuten später fängt die erste an zu schnarchen, klaro!

Na wenigstens können wir morgen gleich anfangen zu arbeiten... Bin wie immer euphorisch mit dem was uns erwartet!

Erfreue ich mich vorerst an den wesentlichen Dingen - Schönheit des Kontinents